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Kirchenburgen in Siebenbürgen
Die siebenbürgische Lebens- und Wesensart wird mehr als durch alles andere von den Kirchenburgen geprägt. An ihnen kann man die im Laufe der Geschichte erlebten Gefährdungen, die sich daraus entwickelte Wehrhaftigkeit und den Zusammenhalt der Siebenbürger Sachsen ablesen.
Kirchenburgen sind das prägende Element der siebenbürgischen Kulturlandschaft und verleihen ihr einen einmaligen Charakter. Über 200 gibt es auf einem Gebiet von 56.000km², sie sind ureigene siebenbürgische Bauten, von einer Art und Beschaffenheit, die man in anderen Teilen der Welt sehr vereinzelt antrifft - wenn überhaupt.
Es gehörte zu den Aufgaben der deutschen Siedler im "Vorhof des Abendlandes" sich gegen einfallende Angreifer zu stellen und das ungarische Königreich zu schützen. Und die Angreifer gaben sich im Laufe der Jahrhunderte "die Klinke in die Hand": Mongolen, Petschenegen, Kumanen, Türken, Tataren, walachische Woiwoden, Kuruzzen, selbst Graf Dracula gab sich die Ehre im Kampf mit den Deutschen in Siebenbürgen.
Somit war es nur naheliegend, entsprechende Wehranlagen aufzubauen, um dem immerwährenden Druck standzuhalten. Fast jedes Dorf auf Köngisboden erhielt so seine eigene Kirchenburg, gestaltet nach den ganz eigenen örtlichen architektonischen und geografischen Gegebenheiten.
"Die Kirchenburg ist nicht mit den stilistischen Kategorien der Kunstgeschichte anzusehen" schreibt der Kunsthistoriker Hans Wühr, "sondern vor allem mit den Maßen und Ebenmaßen im Blick, der die wäldergesättigte Weite der Karpaten überschaut. Es ist eine Baukunst, so einfach und eindringlich wie ein Vaterunser in Not."
Unverkennbar ist auch, dass im Zentrum dieser Gemeinschaftsarchitketur unverrückbar der evangelische Glaube der Bewohner steht. Martin Luthers "Ein' feste Burg ist unser Gott, ein' gute Wehr und Waffen" ist hier greifbare Wirklichkeit geworden.
Kaum eine andere Kirchenburg in Siebenbürgen verdeutlicht diese Eigenschaften so eindrucksvoll, wie die Tartlauer Kirchenburg, die größte und am stärksten ausgebaute Wehranlage hier und wahrscheinlich auch die größte dieser Art weltweit.
Aber am Anfang der "Metamorphose" hin zur Kirchenburg steht die Kirche...
Quellen: Werner Schunn u.a.
Erstellt: 17. Januar 2010 - 14:55. Geändert: 21. Februar 2010 - 17:23.
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Kirchenburgen im Kontext des europäischen Wehrkirchenbaus
Neue Untersuchungen führten zu der Erkenntnis, dass wir von der Vorstellung der „Einzigartigkeit“ der siebenbürgischen Kirchenburgen Abstand nehmen sollten.
Die weitläufig verbreitete Meinung, dass Kirchenburgen eine typisch siebenbürgische Form der Baukunst seien, gründet sich wahrscheinlich auf eine lückenhafte Erfassung dieser Baudenkmäler im gesamteuropäischen Raum. Publikationen aus dem 19. und vom Anfang des 20. Jahrhunderts haben zu einem hohen Bekanntheitsgrad der siebenbürgischen Bauwerke geführt. Gleichzeitig gab es ein nur geringes allgemeines Interesse für vergleichbare Bauten in anderen Teilen Europas.
Allein in Württemberg hat es nahezu 400 Wehrkirchen gegeben und im fränkischen Kreis Ansbach wurden 63 Wehrkirchen identifiziert. Im Süden Frankreichs befinden sich 360 Wehranlagen dieser Art. Selbst von den 1975 in die Denkmalschutzliste Rumäniens aufgenommenen 182 siebenbürgischen Wehrkirchen befinden sich 56 im Szeklerland.
Die Bedeutung der siebenbürgischen Kirchenburgen soll damit nicht geschmälert werden. Der Formenreichtum der siebenbürgischen Kirchenburgen und der gute Erhaltungszustand sind allemal bemerkenswert. Wir sollten jedoch unsere siebenbürgischen Kirchenburgen im Kontext des gesamteuropäischen Wehrkirchenbaus sehen und auf die Gemeinsamkeiten mit diesem stolz sein.
Ein ausführliches Referat von Michael Kroner zu diesem Thema ist hier nachzulesen:
http://www.siebenbuerger.de/portal/land-und-leute/siebenbuerger-sachsen/...