+++ Chronik Tartlau ist versandbereit +++

Kirchenburg Tartlau - UNESCO-Welterbestätte seit 1999

.

Petrus Beldi in Tartlau geköpft

Hochdramatisches Geschehen Anno 1508

Anfang Juni 1507 erwirkte eine Burzenländer Abordnung am Königshofe in Ofen die Ausstellung eines Befehls an die Szekler des Stuhls Sepsi und besonders an die aus Bükfalva (=Buchendorf, heute Bicfalău, etwa zehn Kilometer nordöstlich von Tartlau gelegen), die Tartlauer in der Benützung eines Waldes zwischen Tartlau und Bükfalva nicht zu belästigen.

Im folgenden Jahr 1508 war Tartlau Schauplatz eines dramatischen Geschehens, das Jahrhunderte lang nur als Sage überliefert wurde. In der Tartlauer Chronik von Thomas Tartler (1755) wird das Ereignis in das Jahr 1509 angesetzt und folgendermaßen verzeichnet: »1509 haben die Tartlauer dem Beldi Peter das Haupt mit der Axt abgehauen oder abgeschlagen, weil er ihnen die Busai wegnehmen wollte. Der Wojwode von Siebenbürgen Petrus (1499–1510)... wie auch der Peter Pereny (Wojwode 1526–1529) bemühten sich genug, diesen Mord zu rächen, aber umsonst«. Erst vor mehr als zwei Jahrzehnten fanden wir mehrere urkundliche Quellen zur Bestätigung dieser Sage (Neuer Weg Nr. 7314, 10. November 1972). Sage und Urkunden zusammengehalten, stellt sich der Ablauf der Ereignisse etwa folgendermaßen dar:

Es war wohl im Sommer 1508, als gelegentlich einer Hattertbegehung mit der dazu entsendeten Kommission auch der Adlige Petrus Beldi aus der, Luftlinie nur sechs Kilometer südöstlich von Tartlau liegenden Nachbarortschaft Bodola, nach Tartlau kam. Seit 1502 hatte die Adelsfamilie Beldi ein steinernes Haus in Tartlau erworben und wollte dies nach Adelsrecht besitzen, d.h. ohne dem sächsischen Markt Tartlau Steuern zu zahlen. Die Angehörigen der Familie – vor allem Paulus Beldi belästigten die Tartlauer und auch die Bewohner anderer Burzenländer Ortschaften durch ihre Gewaltaktionen und benahmen sich wie Raubritter. So war die Stimmung gespannt, als Petrus Beldi der Kommission erklärte, dass sein Besitz bis in die Tartlauer Äschergasse reiche, wo der kleine Tatrang oder das Tartelchen floss.

Unter den zahlreichen darüber empörten Bewohnern, die dabeistanden, war auch ein Wagenmeister, der gerade von seiner Arbeit mit einer Breitaxt in der Hand kam. Als Petrus Beldi sich aus seiner Kutsche herausbeugte, um mit der Hand seine Behauptung nochmals zu bekräftigen und die Grenze seines Besitzes anzuzeigen, sprang der Wagenmeister hervor und hieb ihm mit einem wuchtigen Schlag den Kopf ab. »Bis her geht die Grenze von Tartlau!« soll er dazu gerufen haben.

Etwas Unerhörtes war geschehen: Ein privilegierter Adliger, ein Mitglied der herrschenden Klasse, war in offenem Aufruhr getötet worden! Das musste streng geahndet werden. Wahrscheinlich im Oktober 1508 trat der siebenbürgische Landtag unter dem Vorsitz des Wojwoden Petrus von Sankt Georgen und Pösing in Thorenburg zusammen. Der Wojwode befand sich am 8. Oktober in Thorenburg, am 17. in Oderhellen, am 18. in Kersztur, am 28. November und am 10. Dezember in Klausenburg, am 15. Dezember wieder in Oderhellen und am 22. Dezember in Mediasch, von wo er dem Kronstädter Rat einen Befehl über die Ausführung der Beschlüsse des Thorenburger Landtages »in den vergangenen Tagen« schickte. Es sollte eine exemplarische und abschreckende Gerichtsverhandlung in Tartlau selbst abgehalten werden. Dazu sollten die Vertreter der Adligen, der Szekler und der Sachsen kommen und ebenso sollte der ganze Kronstädter Stadtrat dabei sein.

Die eigentliche Verhandlung fand wahrscheinlich in Kronstadt in den ersten Januartagen des Jahres 1509 statt. Wir wissen, dass dazu auch der Hermannstädter Königsrichter Johann Lulay und drei Ratsherren aus Hermannstadt geschickt wurden, ebenso auch der Mediascher Richter Anthonius Faber. Das Urteil lautete - so viel ist überliefert - auf die Zahlung eines hohen »Wergeldes« für den getöteten Petrus Beldi. Bis zum Jahr 1513 zahlten die Tartlauer die gewaltige Summe von 488 Gulden »von wegen Beldi Peters«, wozu »Stadt und Land« (Kronstadt und Burzenland) auch »Beistand gegeben hat«. Das »Wergeld« entsprach etwa der doppelten Jahressteuer, die Tartlau damals zu zahlen hatte. So half die Solidarität der Burzenländer gegen den gemeinsamen Gegner der Gemeinde Tartlau. Allerdings war damit noch kein Schlusspunkt für die widrigen Beziehungen mit den Adligen Beldi gesetzt, über deren Verlauf wir noch berichten werden.

Quelle: Allgemeine Deutsche Zeitung für Rumänien, 3. Jg Nr 663, S. 6

Autor: Gernot Nußbächer

Erstellt: 21. Januar 2010 - 21:03. Geändert: 31. Dezember 2010 - 17:18.